Liebe Heimat

                                                                                       (gewidmet den Blattnern)

Siehst Du des Gletschers steinernes Grau,
das sich am Himmel türmt in Mauerform?
Wie’s bröckelt auf den Birchgletscher blau,
oberhalb des stillen Dorfs das kleine Nesthorn.

Die Steine gumpen hinab, ein dunkler Schatten
schiebt sich lautlos-grollend über Blatten.
Kalt und klar sich spiegelt das Horn im Gletschereis
– ich halt Dich nicht, hier mein Beweis –

Kaum eine Stunde Zeit, bis der Rauswurf kam,
unfähig zu denken und doch musst du tun,
es darf nicht wahr sein, ein blanker Irrtum,
sprachlos überfahren; – Los hol’ deinen Kram! –

Und auf einen Schlag rutscht alles bergab, schnell
zerspringt das Eis und die Felsen überschlagen,
die Liebe Heimat wird lebendig begraben,
zurück bleibt nur Schutt und Gedankengeröll.

Noch immer, wenn ich kurz innehalte,
wie zwischen Tür und Angel oder morgens
beim Wachen, finde ich mein Herz bei Dir,
bei Dir Heimat, bei Dir Liebe Heimat!

Dieser Abschied, wie hat’s in mir gebebt;
ein graues, grausam, grässlich Ding,
das überm Dorf und Gletscher hing,
das Liebste mir zeigt und hinstreckt und begräbt.

(Atme einmal tief ein und aus)

Das kleine Nesthorn ist wahrlich zerrüttet,
der Birchgletscher komplett nicht mehr da
und Blatten ist für 2000 Jahre verschüttet,
wer mag es glauben, was hier geschah?

Haus und Heimat sind nun versunken,
vieles, vieles im Wasser ertrunken;
deine Hoffnung stösst auf taube Ohren,
das Fazit ist einfach: Allesverloren!

Kein Weg mehr führt an diesen Ort zurück.
So steig in deiner Seele Bergwerk tief embri,
grabe und greife, begreife dein Glück,
aber Blatten wird sein das neue Pompeij.

Lass in weiter Zukunft die Archäologen
wieder-entdecken, wie wir damals gelebt,
finden aber werden sie keine Toten,
wir wurden gewarnt und haben überlebt!

Gehe zur goldbraunen Lonza hinunter
und wasch’ deine Seele im langen Gebet;
Du bist! Das Leben ist das grösste Wunder,
Du lebst! Für nichts ist es zu spät!

Denn der Sinn diese Bühne nur einmalig
betreten zu haben, mit ganzem Gefühl geliebt,
Duft -; eins zu sein mit allem, was lebt,
der fragt nicht mehr. Denn alles Leben ist heilig.

Nun trage die Liebe in deinem Herz
und hinaus in die Welt friedfertig geh,
dein Blick sei klar und himmelwärts,
im Tanz des Lebens Dich im Kreise dreh!

Oder lass mich Dir zurufen: Hermann Hesse, Stufen:

« […] Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.»
Also de nimm Abschied Herz
und gesunde gimme äs bits!                                                                                                             

Über den Autor

Shark Mule

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